Alle feiern Frieden, nur Henry Dechamps, dieser Haudegen, dieser Tausendsassa findet ihn nicht. Er sucht nach Erlösung. Denn die Katastrophe lauert überall, nicht nur in der gar schröcklichen Lebensgeschichte des Henry Dechamps, die Angela Gülck und Willi Lieverscheid von der COMPAGNIA BUFFO in einem wahrhaft multimedialen und polistilistischen Stationendrama rückblendartig Revue passieren lässt. Henry Dechamps begibt sich im Raum zwischen Leben und Tod auf die Reise in die Vergangenheit. Und plötzlich steht er am Scheideweg, der Engel des Todes steht vor ihm. Der Narr und der Tod, als Totentanzpartner von altersher füreinander bestimmt, vollführen für beglückende zwei Stunden ein atemberaubendes Pas de Deux, längs durch Zeiten, quer durch die Stile.

Jede Lebensepisode des moribunden Glücks-Spielens erheischt andere darstellerische Mittel: Scherenschnitt und Schattenspiel, Ganzmasken und eine Kasperlevorstellung, stimmgewaltige Opernarien, ein veritabler Stummfilm, Wiener Klassik auf Glasharmonika - das Füllhorn der COMPAGNIA an szenisch-musikalischem Erfindungsreichtum ist schier unerschöpflich. Nie indes gerät das Spiel zur puren circensischen Leistungsshow, alles steht im Dienste des poetischen, grotesken, allegorischen Szenereigens rund um die letzten Dinge und den Umgang mit "Doch das Paradies ist verriegelt"

La Boda Negra - Die schwarze Hochzeit ( aus Mexiko )
Hört die Geschichte, die mir einst ein Totengräber dieses Landes erzählte: Es war einmal ein Mann, dem raubte das Schicksal allzufrüh die Geliebte. Jede Nacht fand man ihn am Friedhof, hingeworfen vor dem Grabstein der geliebten Frau. Und im Geheimen flüsterten die Leute sich zu:  Er ist ein Toter, geflohen aus seinem Grab . In einer schrecklichen Nacht zertrümmerte der Mann die marmorne Decke und grub sich hinab in die Erde; und bald schon trug er auf seinen Armen fort das starre Skelett der Geliebten. In seiner düsteren Kammer - beim flackernden Schein einer Totenkerze - setzte er sich neben die kalten Knochen und feierte Hochzeit mit dem Leichnam. Er schmückte die kahlen Gebeine und krönte den hohlen Schädel mit einem Kranz aus Blumen, den vertrockneten Mund bedeckte er mit Küssen, und lächelnd versprach er dem Gerippe die ewige Liebe. Dann legte er seine Braut sanft ins weiche Ehebett und schmiegte sich eng an sie. Voll der Liebe - das starre Skelett in seinen Armen - schlief er ein und wachte nie mehr auf.

Die Wolfsfrau

Von der Mehrheit der Menschen in der westlichen Zivilistion wird der Todesaspekt traditionell vom Lebensaspekt getrennt, woraufhin die beiden Hälften dieser Einheit plötzlich wie unvereinbare Gegensätze wirken. Man hat uns beigebracht, daß der Tod etwas endgültiges ist, ein Nichtsein, das stets nur weiteres Nichtsein nach sich zieht, was den Beobachtungen in der Natur aber nicht entspricht. Tod erzeugt und birgt ständig neues Leben, selbst wenn man in seiner Existenz schon bis auf die Knochen reduziert ist.
Anstatt die Archetypen Tod und Leben als unvereinbare Gegensätze zu sehen, sollte man sie sich als unzertrennliches Liebespaar vorstellen, als die rechte und linke Hälfte eines einzigen Gedankens. Im Verlauf einer Liebe werden unzählige Tode gestorben, viele, scheinbar endgültige Endpunkte erreicht, und doch existiert das Wesen der Beziehung fort, solange die beiden Partner begreifen, daß der ewige Wechsel zwischen Werden und Vergehen das wahrhaft Konstante in ihrer Beziehung ist.
!...gib mir den Tod, den ich brauche...!